Samstag, 22. Dezember 2018

Gedanken

Überall herrscht Hysterie.

Wir müssen Spaß haben und so laut lachen bis wir kotzen, morgen könnt's ja keinen Grund mehr dazu geben. Und auch noch Weihnachten, muss das jedes Jahr sein, iiimmer dieser Stress, ich hab ja sooo viel Stress.

Und das Radio sagt auch schon drohend "Morgen, Kinder, wird's was geben!" Und dann fragt die Stimme aus dem Radio, ob wir das nicht auch kennen, diesen furchtbaren Abend des 23. Dezember, wo noch die Hälfte der Geschenke nicht verpackt ist und überhaupt, wie soll ich nur Weihnachten so hinkriegen, dass ich gleichzeitig:
- froh und munter
- still und heilig
- und klingelingeling bin?!

Wir messen und vergleichen uns täglich in Stress-Einheiten, wedeln dabei mit den Händen und stoßen bedeutungsvoll Luft aus, während wir beim dritten Kaffee sitzen.

Dabei kann es so einfach sein: Drauf geschissen, ob die Geschenke am Ende verpackt sind, ob es Kaviar oder Kartoffelsalat gibt, ob ich froh, munter, still, heilig oder klingelingeling bin.
Wichtig ist, dass wir überhaupt SIND. Wir sind da, wir leben, wir erleben, wir sind mit Leuten zusammen, die wir gern haben, die uns gern haben.
Und selbst, wenn wir alleine sind in dieser Zeit: Seid nicht bitter, oder vom Frust zernagt. Seht hin, was es für euch bedeuten kann, dass wir uns dem Licht wieder nähern. Oktober und November sind vorbei, wir haben die Ernte eingefahren und das Sterben erlebt. Nun sollten wir in der Ruhe des Anfangs sein, diesem kleinen Moment in der absoluten Dunkelheit, bevor der Funke des Lichts und des Lebens erneut für das kommende Jahr entfacht wird.
Verbannt die falschen, goldleuchtenden Schemen, die blinden Flecken die euch in die Irre führen. Und wenn ihr unglücklich seid: Nehmt es an, trauert (auch um euch selbst) und überwindet es!
Das Leben besteht aus Freude und Leid.
Nur aus dem überwundenen Leid kann wieder Freude entstehen, auch wenn das Leid endlos scheint. Das Leid mit hysterischem Spaß zu übertönen lässt es nur wachsen.
Seht in euch, seht um euch, schaut euch drinnen und draußen um und nehmt euch aus dem reißenden Zeitstrom der Gesellschaft heraus, der euch krank macht. Verbannt den Lärm und lauscht der Stille und Dunkelheit, in die ganz leise ein Samenkorn aus Licht und Liebe fällt.
"Der Anfang ist immer dunkel" sagt die Kindliche Kaiserin in der Unendlichen Geschichte. Und sie gibt Bastian das Auryn, um etwas aus dem neuen Anfang zu machen. Die Inschrift des Auryns lautet: "Tu was du willst"

"TU WAS DU WILLST, das bedeutet doch, dass ich alles tun darf, wozu ich Lust habe, meinst du nicht?"
Graógramáns Gesicht sah plötzlich erschreckend ernst aus und seine Augen begannen zu glühen. "Nein", sagte er mit jener tiefen, grollenden Stimme, "es heißt, dass du deinen wahren Willen tun sollst. Und nichts ist schwerer."